Die Evangelische Christuskirche in Tutzing
Hoch über der grünen Wiese, die sich in der Mitte Tutzings neben dem Martinsgraben sanft den Hügel emporzieht, steht die Christuskirche, das Gotteshaus der protestantischen Christen in Tutzing. Sie wurde in den Jahren 1929-1930 errichtet und in den Jahren 1969-1970 zum ersten Mal renoviert. 2015 wurde sie durchgreifend umgestaltet und ausgebaut.
Aus der Geschichte
Die Christuskirche wurde von Mai bis Dezember 1930 in erstaunlich kurzer Zeit erbaut. Eingeweiht wurde sie am 25. August 1930. Damals lebten in Tutzing und Bernried nur etwa vierhundert evangelische Gemeindemitglieder. Die Kirche wurde im damals üblichen Kapellenstil erbaut. Vom Eingang bis zum Altarraum führte ein Mittelgang. Rechts und links standen zwölf Bankreihen mit etwa vierzig Sitzplätzen. Die Bänke gingen bis zu den Außenwänden, die im Winter viel Kälte abstrahlten. Der Altar stand in einer Apsis mit Rundbogen, rechts davor eine gemauerte Kanzel. Dominant war ein mächtiges Holz-Kruzifix an der Stirnseite der Kirche. Über dem Altarraum im 1. Stock lag ein kleiner Raum für etwa fünfundzwanzig Personen. Das war der einzige Raum, in dem Konfirmandengruppen oder Kirchenvorstandssitzungen stattfinden konnten. Ein Gemeindehaus gab es damals noch nicht. Dieser „Saal“ war von der Ostseite der Kirche aus von außen erreichbar.
In den Nachkriegsjahren war die Gemeinde auf über zweitausend Gemeindemitglieder angewachsen. Hinzu kam, dass viele Gäste der Evangelischen Akademie Tutzing am Sonntag den Gemeindegottesdienst besuchten. Die Kirche wurde deshalb 1970 zu einer Art Hallenkirche erweitert. Unter Verzicht auf den Mittelgang konnten so achtzig Plätze gewonnen werden. Der kleine Saal über dem Altarraum wurde in den Kirchenraum einbezogen. Die große Christusfigur wurde für die Ausstattung einer Friedhofskapelle in Thüringen gestiftet. 1977 konnte der damalige Pfarrer Rudolf Kutzenberger das ersehnte neu gebaute Gemeindehaus einweihen.
Im Laufe der Jahre wurde eine haustechnische Renovierung der Kirche (Heizung, Elektrik) notwendig. Um den Anforderungen heutigen geistlichen Lebens und moderner Gottesdienstgestaltung gerecht zu werden, beschloss der Kirchenvorstand, die technischen Sanierungsarbeiten mit einer umfassenden künstlerischen Neugestaltung des Kirchenraumes zu verbinden.
Viele Jahre wurde beraten und um ein Konzept gerungen, das den Bedürfnissen der Gemeinde und den Ansprüchen der Zeit Rechnung trägt. Viele Kräfte waren an diesem Prozess beteiligt, der Kirchenvorstand, der Bildhauer und Konzeptkünstler Christian Hörl aus dem Allgäu, das Architekturbüro Guggenbichler-Netzer und die Evangelische Landeskirche in Bayern. Auf mehreren Gemeindeversammlungen wurde lebhaft diskutiert und schließlich war es soweit: Ein Plan wurde verabschiedet, die Finanzierung konnte dank eines Erbes gesichert werden. Nach mehrmonatiger Bauzeit konnten die evangelischen Christen in Tutzing ihre neugestaltete Kirche am 1. Adventssonntag 2015 in einem feierlichen Gottesdienst in Anwesenheit der Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler wieder in Besitz nehmen.
Die Kirche heute
Raum - Liturgie - Kunst
„Hier findet sich eine in großer Freiheit entwickelte TRIAS“
„Was für eine wundervolle, helle Kirche!“
So haben sich Besucher in unserem Kirchengästebuch zur Neugestaltung der Kirche geäußert. Viele Menschen sind freudig überrascht und freuen sich mit uns über die gelungene Sanierung. „ Es ist ein Raum geworden, der es ermöglicht, Gottes Wort mit allen Sinnen zu erfassen“, so formuliert es die ehemalige Kirchenvorsteherin Adelheid Pröbster.
Wir betreten die Kirche durch die alten, schweren Eichentüren und gelangen in den Vorraum mit freundlicher, zeitgemäßer Einrichtung und einem hellen Terrazzo-Boden, der sich im gesamten Kirchenraum fortsetzt.
Durch eine zweite Tür erreichen wir das lichtdurchflutete Kirchenschiff, das in zwei ineinander gehende Räume gegliedert ist. Im direkt vor uns liegenden Teil nehmen die Gottesdienstbesucher auf kräftigen Bänken aus hellem Eichenholz Platz. Die fein aufeinander abgestimmte Farbgebung von warmen Holztönen, Terazzoboden, indirekt beleuchteter Decke und weißen Wänden, die den goldenen Schimmer der aus Messing gefertigten Prinzipalia reflektieren, vermittelt Harmonie und ruhe. Durch den Mittelgang wird unser Blick von der an der Nordseite des Kirchenraume installierten, sieben Meter hohen Lichtskulptur magisch angezogen. Eine Stele aus unterschiedlich gestaltetet Acrylglaskuben und vergoldeten Elementen verdeckt einen vom Boden bis zur Decke reichenden Mauerdurchbruch und eine ebenso lange künstliche Lichtquelle. Der vertikale Lichteinfall und das dadurch entstehende Lichtspiel in der Skulptur, bestimmen den ganzen Kirchenraum und führen das Auge des Gottesdienstbesuchers dem Licht zu. Dem Konzeptkünstler Christian Hörl war es ein besonderes Anliegen, mit der Lichtskulptur symbolisch zu verdeutlichen, dass „mit Christus, dem Licht der Welt, ein Stück Himmel auf die Erde gekommen ist.“
Zwischen Altar und Licht Stele ist ein neuer Raum entstanden, in dessen Mittelpunkt das große, aus Messing handgeschmiedete Taufbecken steht. Ein dutzend helle Eichenhocker sind im Halbkreis um das Taufbecken angeordnet und laden zur Taufe, zum stillen Gebet oder zu kleinen Zusammenkünften ein. Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, am Kerzentisch ein Licht anzuzünden oder ihre Gebet und Gedanken in das ausliegende Besucherbuch zu schreiben.
Am Ende des Mittelganges fällt unser Blick auf den kubischen, aus schweren Messingplatten gestalteten Altar, der zur Rechten vom Lesepult und zur Linken von einem großen Kreuz eingerahmt wird. Hier wird eine durchlässige Trennung zwischen dem großen Gottesdienstraum und dem dahinterliegenden kleinen „Taufraum“ angedeutet. Mit Ausnahme des Altars sind alle Einrichtungsgegenstände, Bänke wie auch Prinzipalia, nicht im Fußboden verankert und können bewegt werden. Daraus ergeben sich vielfältige Nutzungsmöglichen des Kirchenraumes für große Kirchenfest oder Konzert. An der Süd- und Westwand der Kirche finden sin in hölzernen Balken die Symbole der vier Evangelisten – genau wie das Kreuz von Karl-Heinz Hoffmann wurden sie unverändert aus der „alten Kirche“ übernommen.
Nicht nur die Optik des Kirchenraumes wurde neu gestaltet, auch die Akustik wurde durch eine Grundüberholung der Orgel sowie die Installation einer Raumklang-Anlage auf den neuesten Stand der Technik gebracht und vermittelt nun im gesamten Kirchenraum ein wohltuendes Klangerlebnis.